Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines französischen Handelsvertreters
In einem Urteil der Handelskammer des französischen Kassationsgerichts vom 29. Januar 2025 stellten die Richter am Quai de l’Horloge in einem Grundsatzurteil fest, dass der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters in Frankreich nicht aufgrund von „Umständen nach Beendigung des Vertrags“ gekürzt werden darf, da diese bei der Berechnung der Abfindung nicht berücksichtigt werden dürfen.
So habe nach Auffassung der höchsten Richter die Umschulung oder eine neue Tätigkeit des Handelsvertreters nach Beendigung des Vertrags keine Auswirkungen auf die Abfindung (Cass, com. 29. Jan. 2025, Nr. 23-21.527).
Angesichts dieser Rechtsprechung entfällt der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters auch dann nicht, wenn er
- seine Tätigkeit sofort fortsetzt,
- weiterhin im gleichen Bereich mit einem Auftraggeber tätig ist, der ein direkter Konkurrent des früheren Auftraggebers ist, und / oder
- weiterhin im selben Gebiet tätig ist.
Gleiches gilt etwa, wenn der Handelsvertreter seine Tätigkeit unter einem anderen Status als dem des Vertreters fortsetzt, etwa als Arbeitnehmer, als Außendienstmitarbeiter (VRP) oder als Vertreter eines Konkurrenten des ursprünglichen Auftraggebers.
Die Richter begründen dies wirtschaftlich damit, dass der Handelsvertreter zur Entwicklung des Kundenstamms und des Images des Auftraggebers beiträgt, ohne nach der Beendigung des Vertrags eine Gegenleistung zu erhalten. Die Entschädigung soll daher diesen Einkommensverlust und die vergangene Investition ausgleichen, unabhängig von seiner Umschulung.
Damit weicht das höchste französische Gericht von der Linie des EuGH zum Falle eines Untervertreters ab (EuGH, 13. Okt. 2022, Rs. C-593/21).
Praktische Konsequenzen für die Parteien
1. Für Handelsvertreter: Sie kommen voll in den Genuss der Entschädigung, auch wenn sie sofort wieder einen Auftrag in derselben Branche oder bei einem Konkurrenten erhalten.
2. Für die Auftraggeber: Sie müssen den Ausgleich zahlen, ohne ihn mindern zu können, auch wenn der Handelsvertreter weiterhin denselben Kundenstamm für einen anderen Auftraggeber bearbeitet.
Lösungen für die Auftraggeber
Um das Wettbewerbsrisiko zu begrenzen, sollten Auftraggeber am besten eine Wettbewerbsverbotsklausel in den Vertrag aufnehmen, die sich innerhalb der vom französischen Handelsgesetzbuch festgelegten Grenzen bewegt (maximale Dauer von zwei Jahren, Beschränkung auf das Gebiet und die betreffende Tätigkeit).
Weitergehende Informationen zum Handelsvertreter in Frankreich
Dieser Artikel wurde von Dr. Christophe Kühl in Zusammenarbeit mit unserer Rechtsreferendarin Camille Caërou verfasst.
24.02.2025